Look at me! Death is real. Songs über und aus dem Leben danach

Die neu erschiene Platte A Crow Looked At Me von Mount Eerie / Phil Elverum ist eine intime, persönliche und sehr nahegehende Auseinandersetzung mit der schweren Krankheit und dem Sterben seiner Frau Geneviève und dem Leben danach. "Zum Heulen schön", wie ein Freund von uns meinte. Sehr roh, sehr direkt. Keine Musik, die man einfach so nebenan hören kann. Vor allem, wenn man seinen Worten zuhört. Die Lieder erzählen die Geschichte der beiden, vor allem in der schwersten Zeit. Viele Lieder richten sich direkt an seine Frau. Es ist so, als würde er durch seine Musik mit ihr weiter sprechen wollen und auch können.

 

Death is real Someone's there and then they're not And it's not for singing about It's not for making into art When real death enters the house, all poetry is dumb When I walk into the room where you were And look into the emptiness instead All Fails

Das Trauma der Erfahrung jemanden, der einem so wichtig ist, auf diesem Weg zu begleiten und nach seinem Tod weiterzuleben, schwingt in den Liedern mit. Die Lieder sind in den ersten Monaten der akuten, frühen, extrem schmerzhaften und dunklen Trauer entstanden. Sie erinnern mich an die totale Schwere der ersten Zeit, in der man noch so mit dem Begreifen beschäftigt ist. Insofern kann das Album für Menschen mit einem sehr nahen Verlust zu aufwühlend und zu nah dran an den eigenen Erfahrungen. Also mit Vorsicht genießen! Auch mir ist das Album bei den ersten Hördurchgängen sehr nahe gegangen und ich habe mich in seiner Traurigkeit wiedergefunden. Interessieren würde mich jedoch, wie es sich für jemanden ohne intensive Trauererfahrung anfühlt. Bekommt man vielleicht sogar ein (besseres) Gefühl dafür, wie es uns Trauerenden in dieser ersten Zeit geht?

Das langsame Begreifen, dass der Tod wirklich den Weg ins eigene Leben gefunden hat. "Death is real". Die wahnsinnige Bedeutungslosigkeit aller Dinge in den Momenten, in denen der Tod so präsent im eigenen Leben ist. Und obwohl es schwierig ist, diese Ausnahmesituation mit Musik und Sprache zu fassen (When real death enters the house, all poetry is dumb), singt er weiter und lässt er uns durch seine Lieder an seinem Leben in den ersten Monaten nach dem Tod seiner Frau teilhaben. Er singt über ein von ihr bestelltes Paket, das erst nach ihrem Tod ankommt. Er singt darüber, wie er ihre letzte Zahnbürste erst Monate später entsorgt. Ach, wie kennen wir das, oder? Immer wieder tauchen auch Blitzlichter aus der letzten Lebensphase seiner Frau auf. Die wiederkehrende und immer körperlich anstrengender werdenden Wege zur Ärztin, und zuletzt auch ihr letzter Atemzug. Und die über den Tod hinausgehende Verbundenheit.

Viel würde sich über jedes einzelne Lied schreiben lassen. Jedes einzelne davon gibt Stoff zum Nachdenken und Nachspüren.

I now wield the power to transform a grocery store aisle into a canyon of pity and confusion and mutual aching to leave. (My Chasm)

 

Zum Weiterlesen:

Auf FM4 wurde das erste Lied der Platte "Death is real" von Philipp L'heritier als Song zum Sonntag vorgestellt: Der große, schwarze Vogel

Der Pitchfork Autor Jayxon Greene hat für einen Artikel einen Tag mit Phil Elverum und seiner Tochter verbracht: Death Is Real: Mount Eerie’s Phil Elverum Copes With Unspeakable Tragedy