#griefsoundtrack. Grönemeyers Trauerweg

Schon ein paar Tage geht mir dieser Klassiker der Trauerlieder nicht aus dem Kopf. Darum heute als #griefsoundtrack Grönemeyers "Der Weg". Auf dem 2002 erschienen Album Mensch können wir Herbert Grönemeyer ein Stück auf seinem Trauerweg begleiten. Das gesamte Album thematisiert den Verlust seiner Frau (und seines Bruders) im Jahr 1998. Das Lied Der Weg bezeichnet Grönemeyer selbst als  "extrem traurig". Is es auch.

Ich gehe nicht weg Hab' meine Frist verlängert Neue Zeitreise Offene Welt Habe dich sicher In meiner Seele Ich trage dich bei mir Bis der Vorhang fällt

Ein Klassiker der Trauermusik. Nicht zuletzt eines der meist gewünschtesten Lieder auf Begräbnissen. Im Musikvideo dazu segelt er sinnbildhaft alleine durch das stürmische aber wunderschöne (Trauer)Meer, um am Ende am Steg zum Tor zwischen Lebenden und Toten anzulegen. Die Segel abnimmt. Ja und damit der Vorhang fällt.

Zum Weiterlesen:

 

Film: One more time with feeling

Edit: Dieser Blogartikel ist mein Beitrag zur Aktion "Alle reden über Trauer". Siehe mehr dazu am Ende des Beitrags. Der Film „One more time with feeling“ ist ein Making-of zum neuen Album von Nick Cave  “Skeleton Tree”.  Nick Cave arbeitet gerade an seinem neuen Album, als sein 15-jähriger Sohn Arthur stirbt. Der Film soll, so wirkt es, zeigen, wieso das Album so geworden ist, für Nick Cave ungewöhnlich unfertig und ungeschliffen. Er will sich seinem Publikum erklären, ohne sich jedoch ihm unbekannten Medienleuten zu stellen, und deren Fragen zu seinen Songs und seinem Privatleben zu beantworten.

Starring: Nick Cave One More Time With Feeling Official Trailer 1 (2016) - Nick Cave Documentary Subscribe to INDIE & FILM FESTIVALS: http://bit.ly/1wbkfYg Subscribe to TRAILERS: http://bit.ly/sxaw6h Subscribe to COMING SOON: http://bit.ly/H2vZUn Like us on FACEBOOK: http://bit.ly/1QyRMsE Follow us on TWITTER: http://bit.ly/1ghOWmt Originally a performance based concept, One More Time With Feeling evolved into something much more significant as Dominik delved into the tragic backdrop of the writing and recording of the album.

Es ist zwar kein Film, der viel Handlung hat, aber falls du dir deine eigene Meinung bilden willst, hier könnten SPOILER SPOILER SPOILER sein.

Nick Caves Sohn stirbt. Er und seine Familie leben weiter. Nick Cave (warum auch nicht) ist mit denselben Themen konfrontiert, wie so viele Trauernde. Er kann jedoch mit diesen Themen auch in der Musik Ausdruck finden. Obwohl die Songs teilweise bereits vor dem Tod seines Sohnes geschrieben wurden und seltsamer Weise vorhersehend wirken. Die Textstelle „You fell from the sky and crashed in a field near the river Adur“ bezieht sich, so lässt sich vermuten, darauf, dass sein Sohn in den Klippen bei Brighton tödlich verunglückt ist. Aber der Refrain "with my voice i am calling you" macht das Lied sowieso zum #griefsoundtrack.

Er will in diesen traumatischen Ereignissen eine Erzählung finden, die ihm Orientierung bietet. Ist es überhaupt machbar, einen künstlerischen Umgang zu finden? Worte zu finden, die ihm das Geschehene begreifbar und vielleicht auch anderen zugänglich machen, ist unmöglich. Es ist doch alles nur Blödsinn, was ich sage, gibt er zu bedenken. Ihm, dem poetischen Sprachkünstler, fehlen die Worte, obwohl es so wirkt, als würde er gerade um diesen Ausdruck ringen. Ein Trauma, wie er es nennt, ist eine Katastrophe für den kreativen Prozess. Und stellt damit auch ihn als Künstler in Frage. Er sei alt geworden, alles (in Hinblick auf die Kunst) fällt ihm schwerer.

Er hat keine Weisheiten, keine Plattitüden parat, damit wir diese eigentlich unzumutbare Wendung des Schicksals annehmen können. Die Phrase „Er lebt in unseren Herzen weiter“. Wie so oft, mit diesen Sprüchen von Außenstehenden ist wenig anzufangen. Ja, er ist in unserem Herzen, aber er lebt einfach nicht mehr. Das Einzige, das okay ist, ist das nichts okay ist. Das nicht okay sein auch okay sein muss. Die Welt bleibt nicht stehen, alles herum läuft weiter. Vielleicht auch okay. Es wird weitere Platten, weitere Musik geben, solang das Publikum will. Aber alles ist anders.

Der Film zeigt einen Mann und seine Familie im Schmerz. Nicht in diesem akuten Schmerz der ersten Wochen und Monate, sondern einen Schmerz, der sich in das Leben integriert hat. Wenn man nach außen wieder funktioniert und sein Leben weiterführen kann. Aber niemals wird er wie früher sein. Menschen möchten sich nicht verändern. Warum auch? Und wenn dann zu einer besseren Version von uns selbst. Ein Ereignis, wie dieses, eine persönliche Katastrophe verändert einen ohne dass man selbst darauf Einfluss hat. Es kann einen so verändern, dass man sich selbst nicht wiedererkennt. Wer bin ich jetzt? Was mache ich jetzt? Erstmal einfach weitermachen, wie bisher?

Der Film zeigt einen Mann, der trauert. Wie jede/r von uns, auf seine ganz eigene, individuelle Weise. Der Film zeigt das ehrlich, nicht entblößend. Die Untiefen der Trauer und des Schmerzes bleiben uns verborgen (außer in der Szene, wo Susie das Bild zeigt, das Arthur einst von den Klippen gemalt hat, von denen er in den Tod gestürzt ist). Aber dennoch spürt man diese Welterschüttertheit. Aber alles in allem auch eine Friedlichkeit. Wir, Susie und ich, sagt Nick Cave, haben beschlossen wieder glücklich zu sein. Als Trotz und Rache sozusagen.

Wenn er dann zum Schluss den Refrain singt "It’s all right now”, hat man das Gefühl, er hadert. Wahrscheinlich ist es einfach beides: all right und einfach überhaupt nicht okay.

Nachtrag

Ich nehme mit meinem Blog an der Aktion "Alle reden über Trauer" teil, die von Silke von der Seite In lauter Trauer zum Geburtstag ihres Freunds initiiert wurde. Alles Gute, Julian!

Ich habe diese Aktion genutzt, um den Schritt zu wagen, den Blog öffentlich zu schalten. Danke, liebe Silke, für diese Möglichkeit! Diesen Beitrag habe ich gewählt, weil er mir bisher der liebste ist.

Alle reden über Trauer (C) in lauter trauer
Alle reden über Trauer (C) in lauter trauer

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Kindness

kindness grief trauer

Kindness

von Naomi Shihab Nye, 1952

Before you know what kindness really is you must lose things, feel the future dissolve in a moment like salt in a weakened broth. What you held in your hand, what you counted and carefully saved, all this must go so you know how desolate the landscape can be between the regions of kindness. How you ride and ride thinking the bus will never stop, the passengers eating maize and chicken will stare out the window forever.

Before you learn the tender gravity of kindness you must travel where the Indian in a white poncho lies dead by the side of the road. You must see how this could be you, how he too was someone who journeyed through the night with plans and the simple breath that kept him alive.

Before you know kindness as the deepest thing inside, you must know sorrow as the other deepest thing. You must wake up with sorrow. You must speak to it till your voice catches the thread of all sorrows and you see the size of the cloth. Then it is only kindness that makes sense anymore, only kindness that ties your shoes and sends you out into the day to gaze at bread, only kindness that raises its head from the crowd of the world to say It is I you have been looking for, and then goes with you everywhere like a shadow or a friend.

From Words Under the Words: Selected Poems. Copyright © 1995 by Naomi Shihab Nye.